Klinisches Bild und Krankheitsverlauf

Hautveränderungen und erste Symptome

Aufgrund der großen genetischen Heterogenität von XP variiert auch der klinische Ausprägungsgrad des Krankheitsbildes mehr oder minder stark. Dennoch kommt es in vielen Fällen zu ähnlichen ersten klinischen Symptomen, an denen man das Vorliegen von XP erkennen kann. Dabei steht der Ausprägungsgrad der Hautveränderungen bei XP-Patienten in direktem Zusammenhang mit der Menge des von der Haut aufgenommenen UV-Lichts.

Lichtempfindlichkeit

  1. Ein erstes Symptom ist manchmal eine gesteigerte Lichtempfindlichkeit der Haut, die überwiegend im Kleinkindesalter der Betroffenen auftritt, aber bei weitem nicht bei allen Kindern vorkommt. Hier zeigt das Kleinkind sehr deutliche Zeichen des Unbehagens, wenn es dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Teilweise weint oder schreit es sogar. Zusätzlich kommt es bereits nach kurzer Lichtexposition häufig zu einem schweren Sonnenbrand an allen lichtexponierten Hautstellen, der als entzündliche Rötung (Erythem) oder als schwere Blasenbildung wochenlang bestehenbleiben kann. Diese ungewöhnlichen Reaktionen auf kurzzeitige Sonnenexposition sind meist ein sicheres Zeichen für das Vorliegen von XP. In der Literatur werden solche Reaktionen allerdings nur in ca. 19% der Fälle beschrieben. Etliche XP-Kinder reagieren teilweise völlig unauffällig auf jegliche Sonnenexposition. Es gibt ein Kind mit XP-C, dessen Haut nach „normaler“ Sonnenbestrahlung im Urlaub sogar eine „gesunde“ Bräunung aufwies. Meistens werden diese anfangs unauffälligen Kinder erst dann einem Dermatologen vorgestellt, wenn sie seltsame „Muttermale“ (vor allem im Gesicht) entwickeln, die sich dann als Hautkrebs entpuppen. Vielen Eltern wird aufgrund der für Kleinkinder untypischen Hauttumoren erst zu diesem Zeitpunkt die Diagnose Xeroderma pigmentosum gestellt. Allerdings erkennen nicht alle Ärzte dieses Krankheitsbild sofort. So sind Fehldiagnosen aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes nicht ungewöhnlich. Zu diesen ersten Hautveränderungen nach minimaler Sonnenexposition kommt es bei etwa 50-75% der Betroffenen in einem Alter zwischen anderthalb und vier Jahren. Dagegen erscheinen die ersten Symptome bei etwa 5% der Betroffenen erst in einem Alter von über 14 Jahren. Hierbei handelt es sich um Patienten der XP-Variante.

    Ein weiteres mögliches Anzeichen für XP ist die Lichtscheu, die bei ca. 21,5 % der Betroffenen in einem durchschnittlichen Alter von etwa zwei Jahren auftritt. Aufgrund der Lichtscheu versuchen die betroffenen Kinder in der Regel, ihre Augen vor dem Sonnenlicht zu schützen. Eine Photokonjunktivitis gehört ebenfalls zu den ersten Symptomen. Dabei verliert sich die Lichtempfindlichkeit der Haut und der Augen meist im Laufe des Lebens.

Pigmentveränderungen

  1. Die ersten Symptome sind in der Regel sommersprossenartige, fleckige Pigmentveränderungen, die in einem durchschnittlichen Alter von zwei Jahren auftreten. Diese befinden sich vor allem im Bereich des Gesichts, der Hände und des Nackens, aber auch auf den Lippen. Das gehäufte Auftreten dieser „Sommersprossen“ ist eines der herausragendsten äußerlichen Hautmerkmale der Betroffenen. Bei vielen XP-Patienten ist zusätzlich die Hautoberfläche extrem trocken und schuppig, und das Allgemeinbefinden ist reduziert. Zudem zeigen die lichtexponierten Hautstellen häufig De- und Hyperpigmentierungen, fleckige Rötungen, hellbraune bis schwarze, dichte Flecken, erweiterte Hautgefäße (Teleangiektasien) und Atrophien an Haut und Lippen. Dabei kann die epidermale Atrophien sogar zu Schrumpfungen und Verstümmelungen (Mutilationen) von Fingerspitzen, Ohren, Augenlidern und Mund führen.
    Die Hautveränderungen befinden sich vorwiegend an den sonnenexponierten Körperstellen (vor allem im Gesicht, aber auch auf der Kopfhaut), während die Haut an den bedeckten Körperregionen weitgehend unverändert bleibt. Allerdings gibt es auch XP-Patienten, bei denen die bedeckten Körperareale ebenfalls betroffen sind. Manchmal befinden sich hyperpigmentierte Flecken auch an atypischen Stellen, wie Handflächen, Fußsohlen, Lippen, Bindehaut, Zungenspitze sowie an den Geschlechtsorganen.
    Ohne die Verwendung effektiver Sonnenschutzmittel entwickeln die meisten Kinder rasch Präkanzerosen. Hierbei handelt es sich um sichtbare Hautveränderungen, die zu einem hohen Prozentsatz in bösartige Hauttumoren übergehen. Dazu zählen bei 19% der Betroffenen vor allem aktinische Keratosen. Nach der Ausbildung der ersten Präkanzerosen kommt es in der Regel rasch zu der Ausbildung maligner Hauttumoren und hier bevorzugt zu BasaliomenSpinaliomen und Melanomen, die individuell unterschiedlich häufig auftreten. Daneben kann es auch zu Keratoakanthomen und Sarkomen kommen. Der Zeitraum zwischen den ersten XP-Symptomen und dem Auftreten der ersten Hauttumoren liegt dabei im Durchschnitt bei ca. fünf Jahren. In 5% der Fälle treten die ersten Neubildungen sogar erst 30 Jahre nach den ersten Anzeichen von XP auf.

Augenveränderungen

  1. Bei 40% bis 80% der Betroffenen kommt es neben den Hautveränderungen auch zu Veränderungen der Augen. Laut „Mannheim XP Collection“ treten Augenveränderungen vor allem bei XP-Patienten der XP-Gruppen A, C, D und der XP-Variante auf. Auch hier hängen Manifestation und Schwere der Veränderungen von der Lichtexposition sowie von der Schwere des DNA-Reparaturdefekts ab. Dabei setzen schon wenige UV-induzierte Schäden aufgrund der Dünne der Augenlider die Schutzfunktion der Lider für das Auge herab.
    Bei den meisten Betroffenen treten die ersten Augenveränderungen in einem durchschnittlichen Alter von vier Jahren auf. Am häufigsten sind die Augenlider (vor allem das Unterlid), die Bindehäute sowie Hornhaut (Cornea) und Iris betroffen. In allen Bereichen des Auges kann es zu DyschromienAtrophienTeleangiektasienPigmentverschiebungen, Narben, Gefäßneubildungen, Hyperkeratosen und zu bösartigen Tumoren kommen. Die bei XP-Patienten am häufigsten auftretenden Augentumoren sind Spinaliomen. Manchmal werden die Augentumoren noch vor den ersten Hauttumoren offensichtlich . Dabei führt die Atrophien der Augenlider häufig zu einer Umstülpung der Lider nach außen (Ektropium), zu einer Einwärtskehrung der Lidränder (Entropium) oder zu einem Wimpernverlust. In schweren Fällen kann es dadurch auch zu dem Verlust des Unterlids kommen. Ferner treten häufig Bindehautentzündungen, Fehlbildungen der Hornhaut, Hornhautentzündungen sowie eine Verschlechterung der Sehschärfe auf. In fortgeschrittenen Fällen kommt es dadurch stets zu funktionellen Beeinträchtigungen, die in etlichen Fällen bis zur Erblindung führen können Außerdem vermittelt die ständige Bindehautentzündung häufig den Eindruck, als würden die Betroffenen permanent weinen.

Veränderungen des Mundes

  1. Bei XP-Patienten kommt es ebenfalls häufig zu Veränderungen an den lichtexponierten Mundschleimhäuten. Hier treten vor allem Atrophien, Teleangiektasien, Präkanzerosen und Tumoren auf. Bei einigen Patienten können die Atrophien im Bereich des Mundes sogar eine Verengung der Mundöffnung (Mikrostomie) hervorrufen, so daß der Mund nicht mehr richtig geöffnet werden kann. Weiterhin kommt es bevorzugt zu Spinaliomen an der Zungenspitze oder an Zahnfleisch und Gaumen. Dabei ist die Vorkommenshäufigkeit von Spinaliomen an der Zungenspitze bei XP-Patienten um mehr als 20 000fach höher als in der Normalbevölkerung. Zudem ist auch die Inzidenz von Mundhöhlentumoren bei jungen XP-Patienten (jünger als 20 Jahre) 400fach erhöht. Die Zungenspitze scheint also erheblichen UV-Strahlen ausgesetzt zu sein. Noch stärker als die Zungenspitze ist allerdings meist die Unterlippe betroffen, auf der sich fast regelmäßig Tumoren entwickeln.
    Dieser Aspekt verdeutlicht, daß auch im Bereich des Mundes auf Lichtschutz geachtet werden muß. Daher muß insbesondere bei Zahnarztbesuchen vorher abgeklärt werden, ob UV abgebende Deckenstrahler, Zahnarztlampen oder andere „UV-Geräte“ eingesetzt werden (z.B. UV-Zahnarztfön zur Behandlung moderner Kunststofffüllungen etc.). Denn sonst laufen die Betroffenen Gefahr, hohe Dosen der für sie schädlichen UV-Strahlen über den geöffneten Mund aufzunehmen.

Neurologische Veränderungen

  1. Nach heutigen Erkenntnissen weisen etwa 18-20% aller XP-Patienten fortschreitende neurologische Defizite auf. Dabei kann das Auftreten neurologischer Symptome – anders als bei den Haut- und Schleimhautveränderungen – nicht durch einen völligen Ausschluss von UV-Licht verhindert werden. Als häufigste neurologische Störungen werden bei den Betroffenen eine mentale Retardierung sowie Mikrozephalie, Choreoathetose, ein verändertes EKG, abnormale Reflexe, Hyper- und Areflexie, Hörstörungen und Gehörlosigkeit beschrieben. Dabei ist die mentale Retardierung eine der üblichsten neurologischen Veränderungen. Eine verminderte Intelligenz tritt in ca. 80% der Fälle auf. Zudem kommt es bei etwa 30% der Betroffenen zu Spastik und Ataxie. Häufig treten auch spastische Tetraplegie mit Achillessehnenverkürzung, Wachstumsverzögerungen und Hypogonadismus auf. Sprachstörungen wie Alalie und Aphasie und ein verändertes EEG kommen neben autistischen Zügen und Hyperglycinämie bei den Betroffenen ebenfalls vor. In schweren Fällen kann es im Verlauf der Erkrankung auch zu Hirntumoren kommen. Besonders bei Patienten der XP-Gruppe A können die teils schweren neurologischen Störungen noch vor der Ausbildung maligner Melanome zum Tode führen.
    Größtenteils treten die neurologischen Symptome erst im weiteren Verlauf der Erkrankung bzw. mit zunehmendem Alter der Betroffenen auf. Einige XP-Patienten entwickeln anfangs nur leichte neurologische Störungen, die relativ spät einsetzen. Spätestens jedoch im Alter von 21 Jahren haben sich bei den meisten Betroffenen die progressiven neurologischen Symptome ausgebildet. Um eine schnelle Verschlimmerung unbehandelter Symptome zu vermeiden, ist eine möglichst frühe Diagnose und Behandlung der neurologischen Mitbetroffenheit wichtig. Daher sollten sich XP-Patienten wenigstens einmal jährlich auf neurologische Störungen untersuchen lassen (einschließlich Hörtest). Bis heute ist der Entstehungsmechanismus neurologischer Störungen bei XP-Patienten unklar. Fest steht jedoch, dass in den Nervenzellen der Betroffenen durch noch unbekannte Faktoren (nicht jedoch durch UV-Strahlen) DNA-Schäden hervorgerufen und nicht mehr repariert werden, was zu ihrem vorzeitigen Absterben führt. Teilweise werden defekte Mitochondrien für die neurologischen Störungen verantwortlich gemacht. Mitochondrien kommen außer in den roten Blutkörperchen in allen Zellen vor und liefern die für alle Stoffwechselprozesse notwendige Energie in Form des biologischen Brennstoffs ATP (Adenosintriphosphat). Störungen im Energiestoffwechsel der Mitochondrien beeinflussen daher vor allem die Funktionen des Nervensystems und der Muskulatur, da diese Gewebe einen besonders hohen Energieverbrauch haben.

Vorherrschende Hauttumoren

    1. Wie bereits erwähnt, entwickeln XP-Patienten frühzeitig zahlreiche gutartige und bösartige Hauttumoren. Zu den gutartigen Tumoren zählen Keratosen, Papillome, Keratoakanthome, Fibrome, Neurofibrome, Angiofibrome und Angiome. Allerdings herrschen bei XP-Patienten in der Regel bösartige Tumorarten vor, und zwar vor allem Basaliome, Spinaliome und Melanome, die sich klinisch und pathologisch nicht von den Hauttumoren „herkömmlicher“ Hautkrebspatienten unterscheiden. Generell ist das Risiko, Hauttumoren zu entwickeln, für XP-Patienten 1000 bis 2000fach erhöht. Dabei hängen Anzahl und Art der Tumoren vorwiegend vom Ausmaß der äußeren Belastungen und von der Komplementationsgruppe ab. Zudem korreliert die Tumorausprägung vor allem mit dem Grad der verbliebenen DNA-Reparaturkapazität. Daher entwickeln XP-Patienten mit sehr niedrigen Reparaturfähigkeiten (z.B. XP-A) schon sehr früh (mit acht bis 10 Jahren) die ersten Hauttumoren, während Patienten mit einer höheren DNA-Reparaturkapazität (z.B. XP-E; XP-Variante) die ersten Tumoren weitaus später ausbilden. Daraus lässt sich schließen, dass Defekte in der DNA-Reparaturkapazität für die Hauttumorentwicklung bei XP-Patienten verantwortlich sind.
      Als eine weitere Erklärung für das erhöhte Hautkrebsrisiko wird neben den DNA-Reparaturdefekten auch eine immunologische Störung diskutiert. So konnte festgestellt werden, daß die Funktion der natürlichen Killerzellen bei einigen XP-Patienten und teilweise auch bei einigen heterozygoten Anlageträgern herabgesetzt ist. Außerdem weisen auch die T-Lymphozyten* (Helferzellen) der Betroffenen häufig eine erhöhte Mutationsrate auf. Zudem ist bei einigen XP-Patienten auch die Interferonproduktion herabgesetzt, was bei der Ausbildung von Hauttumoren ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, da Interferone die Aktivität der Helferzellen stimulieren. Letztlich zeigen einige XP-Zellen auch eine deutlich herabgesetzte Katalaseaktivität, was ebenfalls mit der Krebsentstehung in Zusammenhang gebracht wird.

      Die Anzahl der Hauttumoren variiert bei XP-Patienten sehr stark, wobei es sich bei den meisten dieser Tumoren anscheinend um Basaliome handelt. Mehr als 80% aller Hauttumoren (vor allem Basaliome und Spinaliome) treten im Gesicht, am Kopf, auf der Kopfhaut oder am Hals auf, während nur 10% der Tumoren am Rumpf oder an den Extremitäten lokalisiert sind. Laut Literatur liegt das Durchschnittsalter für die Ausbildung der ersten malignen Hauttumoren bei ca. acht Jahren. In diesem Alter entwickeln rund 70% der Betroffenen bösartige Hauttumoren. Aus Erfahrungen mit Betroffenen geht hervor, dass maligne Hauttumoren noch sehr viel früher auftreten können (z.B. bereits mit zwei Jahren). Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass sich bei 90% aller XP-Patienten spätestens mit 20 Jahren und mit UDS-Werten von 50% oder weniger mindestens ein Hauttumor ausbildet.

      Durch ihre lokale Destruktion und Metastasierung vermindern die bösartigen Tumoren die Lebenserwartung der Betroffenen und führen vor allem zu Verstümmelungen an Händen, Füßen und im Gesicht. Hiervon sind neben den Lidbereichen oft auch die Ohrmuscheln und die Nase betroffen. Dadurch und durch die zahlreichen Tumorentfernungen und Operationen entstehen häufig schwerwiegende Gesichtsentstellungen.

Basaliome

  1. Basaliome treten bei ca. 79% der XP-Patienten auf. Sie finden sich nach heutigen Erkenntnissen vor allem bei Patienten der XP-Gruppen C, E und der Variante. Basaliome sind bösartige Hauttumoren, die aus Zellen bestehen, die den Basalzellen* der Epidermis* (Oberhaut) ähneln. Deshalb werden sie synonym auch als Basalzellkarzinome bezeichnet. Basaliome können zwar in den meisten Fällen problemlos entfernt werden, sind jedoch gelegentlich nicht in den Griff zu bekommen. Sie wachsen lokal destruktiv und zerstören das örtliche Gewebe, metastasieren jedoch extrem selten. Mit der fehlenden Metastasierung fällt auch das Hauptcharakteristikum eines echt malignen Wachstums weg. Daher wird das Basaliom auch als halbbösartiger (semimaligner) Tumor bezeichnen. Die Gefährlichkeit der Basaliome darf jedoch nicht unterschätzt werden, weil sie durch Gewebezerstörungen und das Einwachsen in andere Gewebe lebensbedrohlich werden können. Zudem führen Basaliome oft zu ausgedehnten Tumordefekten, die schwere Entstellungen verursachen.
    Die Therapie besteht zunächst in der operativen Entfernung des Basalioms. Ist eine Entfernung nicht möglich, erfolgt eine Radiotherapie. Der Einsatz von Röntgenstrahlen (ionisierenden Strahlen) wird bei XP-Patienten aus Gründen der Vorsicht allerdings nur ungern vorgenommen, obwohl die Fibroblasten der Betroffenen auf diese Strahlen nicht besonders empfindlich reagieren. Denn mit zunehmender Lebenserwartung wird bei XP-Patienten auch mit möglichen Langzeitfolgeschäden der Basaliomformationen in bestrahlter Haut gerechnet. Daher ist es ratsam, den Einsatz von ionisierenden Strahlen bei XP-Patienten zu vermeiden.

Spinaliome

  1. Spinaliome sind maligne Hauttumoren, die aus der Epidermis entspringen. Sie überwiegen anscheinend bei Patienten der XP-Komplementationsgruppen A und C. Spinaliome bestehen aus wuchernden Stachelzellen mit Tendenz zur Verhornung. Daher werden sie synonym auch als Stachelzellkarzinome, spinozelluläre Karzinome oder als Plattenepithelkarzinome bezeichnet. Spinaliome wachsen zerstörend und schneller als Basaliome, metastasieren über die Lymph- und Blutbahn und können zu einem letalen Ausgang führen. Daher steht in der Tumortherapie die radikale chirurgische Entfernung der Spinaliome an erster Stelle. Bei Tumoren, die nur schwer operiert werden können – vor allem im Gesicht, am Hals und an den Händen – wird Radiotherapie eingesetzt. Chemotherapie* kommt bei Tumoren zum Einsatz, die inoperabel sind oder die schon metastasiert haben . Bei XP-Patienten wird im allgemeinen jedoch auch von einer Chemotherapie abgeraten, da man die Empfindlichkeit ihrer Zellen fürchtet.

Melanome

  1. XP-Patienten haben eine ungefähre Melanominzidenz von 5-50%. Dabei liegt das Durchschnittsalter für das Auftreten der ersten Melanome bei den Betroffenen bei ca. 19 Jahren. Anscheinend treten Melanome bevorzugt bei Patienten der XP-Komplementationsgruppe D auf. Melanome bzw. maligne Melanome sind hochgradig bösartige Hauttumoren, die von den melaninbildenden Zellen der Haut ausgehen (Melanozyten). Synonym spricht man auch vom „Schwarzen Hautkrebs“. Melanome haben eine ausgesprochene Neigung, über die Blut- und Lymphbahn zu metastasieren. Bei etwa 30% der Melanompatienten haben die Tumoren zur Zeit der Erstdiagnose bereits metastasiert, so dass die Prognose ungewiss ist. Daher liegt die Überlebenschance von Patienten mit malignem Melanom in der Frühdiagnose und in der damit verbundenen frühzeitigen Behandlung. Melanome bedingen generell eine höhere Sterblichkeitsrate als Spinaliome oder Basaliome. Die besondere Tücke dieser Tumoren liegt darin, dass sie bis zum Endstadium weder Beschwerden noch Allgemeinsymptome verursachen, dabei aber stark in Lunge, Leber, Gehirn, Nieren, Milz und Knochensystem metastasieren. Sind einmal Metastasen vorhanden, ist oft nur noch mit einer kurzen Überlebenszeit zu rechnen (Ebd.). Daher ist eine sofortige und vollständige Entfernung des Primärtumors der wichtigste Schritt in der Melanombehandlung. Sind bereits Metastasen vorhanden, folgen nach der Operation in der Regel Radio- und Chemotherapie.

Lebenserwartung und Todesursache

  1. Über die genauen Angaben zur Lebenserwartung von XP-Patienten differieren die Meinungen in der Literatur stark. Fest steht, dass vor allem die multiplen Hauttumoren sowie deren Entfernung eine stark reduzierte Lebenserwartung der Betroffenen herbeiführen können. So starben die meisten XP-Patienten vor der Einführung eines frühzeitigen, effektiven Sonnenschutzes in den siebziger Jahren vor allem an den metastasierenden, bösartigen Tumoren in der zweiten oder dritten Lebensdekade. Werden XP-Kinder überhaupt nicht klinisch behandelt, sterben sie in der Regel in einem Alter zwischen fünf und 10 Jahren. Andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine UV-protektive Lebensweise zusammen mit regelmäßigen Krebsnachsorgeuntersuchungen die Ausbildung von Hauttumoren verzögern und die Lebenserwartung der Betroffenen erhöhen kann. So existieren in der Literatur Fälle von XP-Patienten, die 47 Jahre, 67 Jahre und 79 Jahre alt geworden sind.
    Die Lebenserwartung der Betroffenen hängt also von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren ab. Wird kein UV-Schutz praktiziert – entweder weil die Diagnose zu spät gestellt wurde, oder weil einfach wie in vielen Ländern die Voraussetzungen dafür fehlen, dann sterben die Betroffenen früh an Hautkrebs. Wird XP jedoch frühzeitig festgestellt, angemessen behandelt (strikter UV-Schutz, Nachsorgeuntersuchungen etc.) und treten zusätzlich keine neurologischen Störungen auf, können die Betroffenen durchaus eine normale Lebenserwartung erreichen. Dabei fällt die durchschnittliche Lebenserwartung der meisten XP-Patienten zwischen diese beiden Extreme und variiert individuell.

  2. Als Selbsthilfegruppe sehen wir hier auch dramatische Unterschiede zwischen z.B. europäischen und außereuropäischen Ländern. Während hier viele Patienten im Kleinkindalter, zum Teil noch früher, diagnostiziert werden und daher auch konsequent vor UV Strahlung geschützt werden können, ist dies in Afrika oder dem Nahen Osten leider ganz anders. Betroffene in Europa können mit vertretbarem Aufwand geschützt werden, und haben daher vergleichsweise gute Erwartungen – während dies schon in Nordafrika gänzlich anders ist. Wir helfen hier soweit es in unserem Rahmen möglich ist. Wir sehen aus Respekt vor den Patienten hier bewusst von der Veröffentlichung der erschütternden Bilder ab, die uns immer wieder von dort erreichen.